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Kommunikation aus einem Nachhaltigkeits-Mindset statt Nachhaltigkeitskommunikation

Sarah Maria Böhmer • 12. Januar 2023

Lesen Sie von einer Zukunftsfrage und gleichzeitig Chance für Ihre Kommunikation.

Eine Einladung zum Perspektivwechsel auf die Nachhaltigkeitskommunikation inklusive Hinweisen zur konkrete Auseinandersetzung im Unternehmen.


Warum kommunizieren Unternehmen?
Ging es in der Marketingkommunikation zu Beginn um das Vermitteln von Produktinformationen, wurde mit der Zunahme des Angebots schnell das Herausstellen eines zielgruppenspezifischen Nutzens und heute im absoluten Kommunikationswettbewerb die differenzierende Positionierung – nicht nur der Produkte, sondern der Marken als Ganzes – die Aufgabe. Die Entwicklung führte dabei von der reinen Einwegkommunikation vermehrt zum Dialog und gleichzeitig erweiterte sich auch das Spektrum des Kommunikationsinhalts. Die zunehmende Erwartung der Menschen von Transparenz hinsichtlich der Geschäftspraktiken der Unternehmen hat zur Folge, dass nicht länger nur die PR-Abteilung über diese Belange spricht. Sie haben aufgrund ihres Einflusses auf die Markenbildung sowie die Kaufentscheidung längst Einzug in die Marketingkommunikation gehalten. Nachhaltigkeitskommunikation ist heute weit mehr, als die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts und bringt gewisse Herausforderungen mit sich: Beispielsweise die Auswahl der relevanten Nachhaltigkeitsinformationen je Anspruchsgruppe und Kanal oder das verständliche Vermitteln der oft abstrakten Größen und Zusammenhänge.


Dazu kommen gesellschaftlich relevante Themen, die öffentlich heiß diskutiert werden und bezüglich derer es zu entscheiden gilt, zu welchen Themen Unternehmen sich äußern (müssen).


Allerdings kann Nachhaltigkeitskommunikation auch anders verstanden werden. Und zwar dann, wenn sie einem ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Mindset entspringt. Nachhaltige Marken und Impact Brands sehen die Aufgabe ihrer Kommunikation nicht ausschließlich im Unterstützen ihres Geschäftserfolgs. Sie nutzen ihre Stimme, um aufzuklären, einen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen und Menschen zu aktivieren sich für eine gute und gerechte Zukunft zu engagieren.



Unternehmen und Marken können nicht nur Vertrauensankern im Angebotsüberfluss sein, sondern auch zu Vertrauensankern in gesellschaftlichen Zukunftsfragen und globalen Herausforderungen werden.


Diese Chance lassen auch die Ergebnisse des jährlichen Edelman Trust Barometer 2022 erkennen. Ein paar Auszüge der Ergebnisse für Deutschland: Unternehmen werden im Vergleich zur Politik und den Medien tendenziell als verbindend statt gesellschaftsspaltend wahrgenommen. Sie werden ebenfalls als wirkungsvoller eingeschätzt, was ihre Führungsrolle sowie ihre Umsetzungskompetenz betrifft. Sie werden als effektiver und visionärer als die Politik wahrgenommen, wenngleich noch Skepsis bzgl. ihrer Ausrichtung an den Bedürfnissen der gesamten Gesellschaft statt spezieller Anspruchsgruppen herrscht.

Weit über die Hälfte der Befragten sagten, sie erwarten, dass CEOs persönlich Sichtbarkeit zeigen sollen, wenn über Politik oder den Einsatz des Unternehmens für die Gesellschaft, diskutiert wird. 

48% gaben an, bei der Jobsuche darauf zu achten und zu erwarten, dass der CEO Stellung zu kontroversen sozialen und politischen Belangen bezieht.

Auch die BrandTrust Impact-Brand-Studie 2020 hat gezeigt: 87% der Befragten in der DACH-Region erwarten, dass Marken ihre Möglichkeit nutzen, über ihre Geschäftstätigkeit zur Lösung globaler Herausforderungen beizutragen.


Dass Kommunikation, die gesellschaftliche Missstände thematisiert, anziehend wirken kann, haben auch konventionelle Unternehmen mittlerweile verstanden. Ob Black Lives Matter, der Pride Month, der Earth Overshoot Day oder aktuell die Menschenrechtsdiskussion um die Fußball Weltmeisterschaft in Katar und die „OneLove“-Binde – oft entsteht der Eindruck, dass Unternehmen auf diese Themen aufspringen, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, ihr Image aufzupolieren oder den Erwartungen gewisser Anspruchsgruppen zu entsprechen. Warum? Weil ihr Einsatz sich häufig auf die Oberfläche beschränkt – das Posten eines schwarzen Bildes oder das Einfärben des Logos in Regenbogenfarben – und selten auf wirksame Maßnahmen im eigenen Einflussbereich. Sie re-agieren auf das, was die breite Öffentlichkeit umtreibt.






Kommunikation aus einem Nachhaltigkeits-Mindset heraus bedeutet hingegen zu agieren.


Es bedeutet, die eigene Stimme – des Unternehmens sowie der Mitarbeiter:innen – überzeugt sowie authentisch zu erheben und bewusst für das Gestalten einer guten und gerechten Zukunft einzusetzen, zu der das Unternehmen auch selbst aktiv beiträgt.


Und zwar nicht in allen Belangen, sondern fokussiert auf jene, bezüglich derer sie tatsächlich einen wirksamen Beitrag leisten können – Einfluss nehmen können.


Es bedeutet, selbst eindeutige No Gos, Grenzen, zu definieren. Umstände, die unter keinen Umständen, weder in Partnerschaften noch in umsatzstarken Märkten, hingenommen werden, auch wenn niemand hinsieht. Und Reaktionen nicht hinauszuzögern, bis die öffentliche Meinung die Richtung und Entscheidung vorgibt.


Es geht also nicht darum, Unternehmen für alles, was in der Welt passiert, in die kommunikative Verantwortung zu nehmen, sie zu den neuen tagesaktuellen News-Plattformen zu erklären.


In der Next Generation of Business* geht es darum, dass Unternehmen sich der eigenen Wirkräume bewusst werden und diese sinnvoll nutzen.



Was braucht es für die Kommunikation aus einem Nachhaltigkeits-Mindset heraus?



Wille

Im ersten Schritt gilt es die Frage zu beantworten, welche Ziele die Kommunikation des eigenen Unternehmens eigentlich verfolgen soll und in welcher Gewichtung. Denn diese Art der Kommunikation hat nicht den Anspruch jegliche Marketingkommunikation zu ersetzen, sondern eine Ergänzung zu sein. Es geht nicht um ein „entweder oder“, sondern um ein „sowohl als auch“.

Es ist zu klären, wann die Kommunikation als erfolgreich angesehen wird. Wird Erfolg ausschließlich an der Umsatz- oder Margensteigerung festgemacht und Maßnahmen fallen gelassen, sobald sie diesen Erwartungen nicht zu entsprechen scheinen oder welche anderen Maßstäbe werden angelegt?


Fokus

Ist der grundsätzliche Wille klar, geht es darum zu definieren, wofür genau die Stimme – des Unternehmens sowie der Mitarbeiter:innen – eingesetzt werden soll. Welche Zukunftsfragen beschäftigen und bewegen uns ehrlich? Diese können im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit stehen oder darüber hinaus gehen. Sich das bewusst zu machen ist wichtig, um auch entscheiden zu können, wer darüber spricht. Für wen – Unternehmen, Marke, Mitarbeiter:innen – ist es glaubwürdig, diese Zukunftsfrage zu thematisieren?


Umsetzung
In der Umsetzung sollten drei Faktoren in den Blick genommen werden. Zum einen in welchen Rollen und welchen Kreisen sich das Unternehmen oder die Mitarbeiter:innen für diesen Fokus am wirkungsstärksten einsetzen können? 

Zum anderen geht es darum, sich die Vielzahl an Möglichkeiten des Mitgestaltens durch Kommunikation bewusst zu machen und sie gezielt zu nutzen. Hier ein paar Beispiele zur Inspiration:


  • Vorbild sein, indem Transparenz über das eigene Handeln geschaffen und Erfahrungen geteilt werden (Beispiel: Vaude)
  • Bewusstsein & Verständnis schaffen (Beispiel: The Female Company)
  • Aktive Auseinandersetzung anstoßen (Beispiel: Tony’s Chocolonely Conversation Bars)
  • Privates Engagement fördern (Beispiel: Patagonia schließt Büros und Läden zum Wahltag)
  • Gesetzeslage verändern (Beispiel: einhorn und das Formulieren und der Aufruf zum Unterschreiben der Petition zur Senkung der Mehrwertsteuer aus Periodenprodukte)
  • Gewohnheiten brechen (Beispiel: Veränderung des Wordings – „normal oder mit Fleisch“; „normal oder mit Kuhmilch“)
  • Gegenseitiger Support und Allianzen für ein gemeinsames Anliegen (Beispiel: Nutzen der Reichweite der Marke einhorn, um auf das Fundraising der Marke vyld hinzuweisen)


Der dritte Faktor ist die bewusste Entscheidung, wer Absender der entsprechenden Botschaften ist. Oftmals ist es wirkungsvoller, wenn dies konkrete Mitarbeiter:innen sind, statt das Unternehmen.


Kommunikation aus einem ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Mindset heraus zu denken und umzusetzen, stellt aus meiner Sicht eine große Chance im Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft dar, in der sich Unternehmen als Mitgestalter einer guten und gerechten Zukunft für alle begreifen.


Wie in allem gibt es dabei nicht den einen richtigen Weg. Wenn Sie sich dazu austauschen möchten, sind Sie herzlich eingeladen, mir direkt zu schreiben.

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